Bürgerbrief zur Corona-Krise

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

 

es sind besondere Zeiten, die wir gerade erleben. Das Corona-Virus hat uns alle „im Griff“. Es beschäftigt uns fast rund um die Uhr und viele von uns, auch unsere Verwaltung und mich, zu 100 Prozent. Unser Alltag, unser Leben hat sich seit einigen Tagen sehr verändert: Durch die Bundes- und die Landesregierungen wurden Maßnahmen angeordnet, die noch vor kurzer Zeit in unserem Land kaum denkbar erschienen. Maßnahmen, die wesentliche Grundrechte und damit unseren Alltag massiv einschränken, und die in unserer pluralistischen, freiheitlichen Gesellschaftsordnung aus gutem Grund auf ganz besondere Krisen beschränkt sein müssen.

 

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, leider haben wir derzeit eine solche Situation und es ist zu befürchten, dass wir uns erst am Anfang einer Epidemie befinden, dass die Zahl der mit dem Corona-Virus Infizierten weiter exponentiell steigen wird und dass damit auch die Anzahl der schweren Verläufe und mit diesen auch die Todeszahlen weiter zunehmen werden.

 

Es ist Zeit zu handeln! Es spielt nun keine Rolle wie man zu „der Politik“, „der Regierung“ oder „der Kanzlerin“ steht. Die Botschaften, die diese und alle Entscheider gerade senden und die Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Corona-Virus beschlossen wurden oder durch das Robert-Koch-Institut als Empfehlung ausgesprochen werden, sind wichtig und gehen uns alle an!

 

Jeder von uns muss diese Situation als seine Herausforderung und Aufgabe verstehen, sich an diese halten und das ihm / ihr Mögliche tun, um sich und andere zu schützen. Es kommt derzeit auf eine sehr deutsche Tugend an: Disziplin. Nur so, nur dann werden wir die Auswirkungen des Corona-Virus halbwegs geordnet meistern können!

 

Zwar ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein gesunder, fitter junger Mensch nur ein „Halskratzen“ verspürt oder Erkältungssymptome zeigen wird und eine Corona-Infektion schadlos überstehen kann. Aber auch bei jungen, fitten Menschen sind schon schwerere Krankheitsverläufe bekannt geworden. Ganz besonders sind es aber ältere und vorerkrankte Menschen, bei denen eine Corona-Infektion massive Probleme und lebensbedrohliche Verläufe hervorrufen kann. Ein Medikament oder einen Impfstoff gibt es, anders als etwa bei der Grippe, gegen das Corona-Virus (noch) nicht.

 

Diese Menschen sind, um zu überleben, auf eine intensive medizinische Versorgung, insbesondere eine künstliche Beatmung, angewiesen. Wenn diese nicht oder nicht mehr, etwa weil die Kapazitäten des Gesundheitswesens überlastet sind, zur Verfügung gestellt werden kann, schwinden die Überlebenschancen erheblich. So ist es etwa in Italien und Spanien, wo an einzelnen Tagen mehrere hundert, gar bis zu tausend, Tote zu verzeichnen waren. Erschreckende Zahlen!

 

Ein wenig beruhigen mag zwar, dass die Bundesrepublik Deutschland über eines der besten, wenn nicht das beste, Gesundheitswesen der Welt verfügt. Dies gilt sowohl für die Qualität als auch für die Quantität der medizinischen Versorgung. So stehen in unserem Land ca. 28.000 Intensivbetten und ca. 20.000 Beatmungsgeräte zur Verfügung. Deutlich mehr, als in Italien, dass nur über ca. 5200 Intensivbetten verfügt, und auch mehr als in der bevölkerungsreichen Volksrepublik China und in den meisten anderen Staaten der Erde. Im Landkreis Fulda gibt es 80 Intensivbetten bzw. solche, die eine Beatmung ermöglichen. Eine hohe Zahl. Trotzdem, auch unsere Kapazitäten sind endlich!

 

Insbesondere, da nicht alle diese Betten für Corona-Patienten verfügbar sind. Gehen Sie von einer Belegung von bis zu 80 Prozent durch Intensivpatienten ohne Corona-Infektion aus. Verunfallte, Schlaganfälle, Herzinfarkte usw., die es auch weiterhin gibt und die dringend und intensiv behandelt werden müssen. Derzeit werden alle nicht dringenden Operationen verschoben, sodass wohl bis zu 50 Prozent dieser Betten freigemacht werden können.

 

Wenn man nun von einer Quote von fünf Prozent der Infizierten ausgeht, die beatmungspflichtig werden, lässt sich leicht errechnen, wie viele Neuinfizierte unser Gesundheitssystem maximal aushalten kann. Es wären ca. 40.000 pro Tag. Ohne Gegenmaßnahmen wäre von einem täglichen Anstieg der Neuinfektionen von 25 bis 33 Prozent auszugehen, sodass diese Zahl binnen weniger Tage erreicht wäre!

 

Führt man sich diese Zahlen vor Augen, so wird klar, wie schnell ein Kollaps unseres Gesundheitswesens eintreten kann und dass Verhältnisse wie derzeit in Italien auch für uns kein unrealistisches Szenario sind.

 

So kann Vielen auch das beste Gesundheitssystem nicht mehr helfen, wenn sich die Bevölkerung nicht aktiv an der Bekämpfung des Corona-Virus beteiligt. Tun Sie dies!

 

Denn wenn es zu einem exponentiellen Anstieg der Fälle, insbesondere der Schweren, kommt und diese in großer Anzahl auf endliche Behandlungskapazitäten treffen, müssen medizinische Hilfeleistungen priorisiert werden. Ärzte sind gezwungen zu entscheiden, wer eine überlebensnotwenidge Behandlung erhält und wer nicht. Dies kann dazu führen, dass vielen Bedürftigen keine adäquate Behandlung, wie eine überlebensnotwendige Beatmung, mehr zugeführt werden kann. Ein schreckliches Szenario und eine der bittersten Pflichten für jeden Arzt!

 

Darum ist es so ungemein wichtig die Zahl der Neuinfektionen zu reduzieren. Der Wissenschaft ist Zeit zu gewinnen und die medizinischen Kapazitäten in den Krankenhäusern sind zu schonen. Ein Massenanfall von Infizierten und schwer Erkrankten muss verhindert werden. Nur so können so viele wie möglich behandelt und vor dem Tode bewahrt werden!

 

Ich fordere Sie daher auf und bitte Sie im Interesse ihrer und unser aller Gesundheit inständig: Befolgen Sie die Maßnahmen und Ratschläge der Verantwortlichen und Wissenschaftler! Reduzieren Sie die Kontakte zu ihren Mitmenschen erheblich, halten Sie großzügig Abstand zueinander, befolgen Sie die Hygieneempfehlungen, bleiben Sie wenn möglich zu Hause und informieren Sie sich aus seriösen Quellen.

 

Übrigens: Vorbereitet sein und eine gewisse Vorratshaltung sind sinnvoll! So war es schon immer. Auch in meinem Haushalt gibt es eine „Notfallkiste“. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt zu diesen Themen regelmäßig Publikationen wie Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen heraus und hält auch auf seiner Homepage Informationen hierzu bereit (https://www.bbk.bund.de/DE/Ratgeber/VorsorgefuerdenKat-fall/VorsorgefuerdenKat-fall_node.html ). Diese sind für jeden von uns wichtig und sollten beherzigt werden. „Hamsterkäufe“ und übertriebenes Horten, etwa von Toilettenpapier, oder Lebensmitteln sind aber nicht nur unnötig - unsere Versorgung ist gesichert - sondern egoistisch und nehmen denen, die tatsächlich bedürftig sind, im Zweifel wichtige Ressourcen weg.

 

Aktuelle Informationen aus erster Hand erhalten Sie auf den Seiten des

 

- Robert-Koch-Institutes (https://www.rki.de/),

- der Bundesregierung (https://www.bundesregierung.de/),

- der hessischen Landesregierung (https://www.hessen.de/),

- des Landkreises Fulda (https://www.landkreis-fulda.de/),

- der Stadt Gersfeld (https://www.gersfeld.de/)

- und auf meiner Homepage (https://www.steffen-korell.de/)

 

Hochwertige Informationen per Push-Nachricht erhalten sie über Apps des Landes Hessen „hessenWARN“ und des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz „NINA“ auf ihr Smartphone.

 

Meine Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, jeder von uns hat derzeit große Sorgen und es stellen sich viele Fragen. Wir alle müssen mir der Unsicherheit dieser dynamischen Lage und mit Ängsten umgehen und werden vor große Herausforderungen gestellt. Wenn es auch manchmal schwer fällt: Angst, Panik, Emotion und Meinung sind schlechte Berater und dürfen nicht die Leitlinien des Handelns sein!

 

Gerade in Zeiten wie diesen gilt es sich auf das Wesentliche zu besinnen, zusammen zu stehen, besonnen und rational zu bleiben, auf die Wissenschaft und die Entscheider zu vertrauen und in seinem Wirkungs- und Verantwortungsbereich umsichtig und verantwortungsvoll zu handeln.

 

Natürlich frage auch ich mich jeden Tag aufs Neue, was werden wird: Wird es meiner hochschwangeren Frau, meiner Tochter, meinen Eltern und Schwiegereltern gut ergehen? Kann ich die baldige Geburt meines zweiten Kindes im Kreissaal miterleben oder muss ich aus Sicherheitsgründen „draußen bleiben“? Was muss und kann ich zum Schutz meiner Familie, der mir unterstehenden ehrenamtlichen Einsatzkräfte der Feuerwehr und meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Bevölkerung generell noch tun? Wann und wie kann die eigentlich für den 24. Mai vorgesehenen Bürgermeisterwahl stattfinden? Was bedeutet diese Krise für unser Gemeinwesen, für die Wirtschaft und das Zusammenleben in unserer Stadt? Für die Stadtverwaltung und ihre Finanzausstattung?

 

Neben den gesundheitlichen Auswirkungen sind auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie bzw. der Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung erheblich. Unsere Wirtschaft steigt aus voller Fahrt auf die Bremse und schaltet in den Rückwärtsgang. Eine harte Zeit für die vielen gesunden Betriebe, deren fleißige und rechtschaffende Inhaber und die Selbstständigen, denen derzeit die Einnahmen wegbrechen und die um ihre Existenz bangen. Ich bin froh, dass der Staat umfassende Hilfen angekündigt hat und diese unbürokratisch und schnell zur Verfügung stellen will. Ich bange mit Ihnen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise, für die Betriebe und deren Mitarbeiter,

verkraftbar bleiben. Lassen Sie sich, liebe Geschäfts- und Gewerbetreibende, nicht entmutigen, bleiben Sie standhaft, tatkräftig und hoffnungsvoll!

 

Trotz der umfassenden Beschränkungen können wir Einiges tun. Etwa bei Letzterem: Wenn es Ihnen möglich ist, unterstützen Sie sich gegenseitig. Helfen Sie sich und unseren heimischen Betrieben. Kaufen Sie lokal. Nutzen Sie Abhol- und Lieferangebote wo sie noch möglich sind oder kaufen Sie Gutscheine!

 

Viele Haupt- und Ehrenamtlich setzen sich für uns ein. Sie arbeiten hart und professionell an der Bewältigung der Krise. Medizinisches Personal, die Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes und der Freiwilligen Feuerwehren, Erzieherinnen und Lehrkörper in Notbetreuungseinrichtungen, alle, die in kritischen Infrastrukturen und systemrelevanten Berufen beschäftigt sind, die auch mir, als örtlich zuständige Ordnungsbehörde, helfen, diese außergewöhnliche Situation zu bewältigen.

 

Als beorderter Reservist der Bundeswehr, der als „Spezialist für Zivil-Militärische-Zusammenarbeit“ eingesetzt und so auch für den Katastrophenschutz zuständig ist, sei mir der Hinweis gestattet, dass auch die Bundeswehr eine nicht unerhebliche Rolle in Lagen wie dieser spielt: Sie beteiligt sich, im Rahmen der Amtshilfe, hinter den Kulissen bereits jetzt sehr aktiv: Die Bundeswehrkrankenhäuser leisten ihren Beitrag (übrigens behandeln diese auch in "normalen" Zeiten fast 60 Prozent rein "zivil"), die Sanität ist umfassend eingebunden, Beatmungsgeräte und anderes medizinisches Material aus den Auslandseinsätzen wurde nach Deutschland gezogen, medizinische

Schutzausrüstung, Feldbetten usw. werden zur Verfügung gestellt, Logistikkapazitäten stehen bereit und unzählige Reservisten mit medizinischem Hintergrund sind mobilisiert.

 

Vielen vielen Dank an alle Helferinnen und Helfer und an alle, die in Situationen wie dieser, im Großen wie im Kleinen, für andere handeln und Verantwortung übernehmen!

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, Situationen wie diese erinnern uns daran, was im Leben wirklich wichtig ist. Dinge die gestern noch dringend erledigt werden mussten, die uns gestresst haben, sind in den Hintergrund getreten. Die Prioritäten haben sich verschoben. Familien stehen enger zusammen und ich freue mich über die unzähligen Hilfsangebote, die mich erreichen und die ich jeden Tag wahrnehme, etwa die diversen Angebote für andere, etwa Ältere und Quarantänisierte, einzukaufen.

 

Ich bin mir absolut sicher, dass wir auch diese einmalige Situation bestehen werden und dass wir als Gesellschaft gestärkt aus ihr hervorgehen können. Gemeinsam, sehr geehrte Damen und Herren, werden wir diese Situation bestehen!

 

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben oder wenn Sie meinen, dass wir Ihnen behilflich sein können, dass ich Ihnen behilflich sein kann, scheunen Sie sich bitte nicht, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder mich (auch mobil und per WhatsApp unter der 0172 / 9656542) zu kontaktieren.

 

Stehen Sie zusammen, bleiben Sie gesund und hoffnungsvoll!

 

Ihr / Euer

 

Dr. Steffen Korell,

Bürgermeister

Download
Mein zweiter Bürgerbrief zur Corona-Krise
Bürgerbrief Corona 20200325.pdf
Adobe Acrobat Dokument 336.9 KB